Woher kommt dieser Blasendruck in der Schwangerschaft?
Eine Schwangerschaft ist ein absoluter Ausnahmezustand für den Körper. Innerhalb der 40 Wochen von der Befruchtung der Eizelle bis zur Geburt des Säuglings finden zahlreiche Veränderungen in Hormonhaushalt und Stoffwechsel statt. Das Gewebe wird weicher, Sehnen und Bänder dehnbarer, um das Wachsen des Bauches zu ermöglichen. Zeitgleich steigt das Blutvolumen im Körper stark. Die Muskeln verschieben sich und die inneren Organe wandern an eine andere Position, um der immer größer werdenden Gebärmutter Platz zu machen.
All diese Faktoren sind mitverantwortlich für einen gesteigerten Harndrang und das Druckgefühl auf die Blase während der gesamten Schwangerschaft.
Die Rolle der Hormone
Die wichtigsten Hormone in der Schwangerschaft sind das Östrogen, das Progesteron (ein Gestagen) sowie das Humane Choriongonadotropin (HCG). Während die Östrogene in erster Linie das Heranreifen der Eizelle sowie deren Wanderung in die Gebärmutter unterstützen, sorgen die Hormone Progesteron und das HCG für die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft. Dazu gehört auch, dass Muskulatur und Gewebe weicher und flexibler werden, damit sich die Gebärmutter ungehindert ausdehnen kann. Das betrifft leider auch die Muskulatur um die Harnblase, die nun entsprechend schneller dem steigenden Druck nachgibt. Bereits bei einer nur leicht gefüllten Blase ist dieser Druck zu spüren. Nicht selten kommt es dann auch zur sogenannten Schwangerschaftsinkontinenz, bei der die Schwangere hin und wieder unkontrolliert einige Tröpfchen Urin verliert.
Veränderung im Flüssigkeitshaushalt
Der veränderte Hormonhaushalt bewirkt auch einen stetigen Anstieg des Flüssigkeitsgehaltes im Organismus. Gegen Ende der Schwangerschaft transportiert der Kreislauf rund 35 Prozent mehr Flüssigkeit durch den Körper als vor der Schwangerschaft. Die braucht der Körper unter anderem, um das Fruchtwasser in der Gebärmutter ständig zu erneuern. Ein Beispiel: Durchschnittlich transportiert der Blutkreislauf in der 30. Schwangerschaftswoche rund 2,5 Liter Wasser pro Stunde von der Mutter zum Kind und wieder zurück.
Das Mehr an Flüssigkeit wird durch die Nieren gefiltert und landet schließlich als Urin in der Blase. Der typische ständige Harndrang in der Schwangerschaft ist die Folge. Übrigens: Weniger trinken hilft nicht. Im Gegenteil! Schwangere sollten unbedingt auf eine ausreichende Wasserzufuhr achten. Erstens hilft das dem stark belasteten Kreislauf und zweitens sind schwangere Frauen anfälliger für Harnwegsinfekte. Die häufigen Toilettengänge helfen, die Keime aus der Blase zu spülen und einem Infekt so vorzubeugen. Außerdem kommt es bei vielen Schwangeren zu Wassereinlagerungen im Gewebe, die ganz schön unangenehm werden können. Einziges Rezept dagegen: viel trinken.
Last but not least: Das Gewicht
Während der Schwangerschaft steigt das Körpergewicht um durchschnittlich 12,5 Kilogramm. Ein Teil davon ist vom Körper gespeichertes Fett für die anstrengende Zeit nach der Geburt, ein Teil ist Gewebeflüssigkeit. Der überwiegende Teil ist allerdings dem Gewicht von Gebärmutter, Fruchtwasser und Baby geschuldet. Sie üben gegen Ende der Schwangerschaft einen hohen mechanischen Druck aus, der jeden Beckenboden auf eine harte Probe stellt.
Doch auch der Harndrang am Anfang einer Schwangerschaft geht bereits auf die Gebärmutter zurück, obwohl sie in diesem Stadium noch klein und nicht so schwer ist. Sie breitet sich im ersten Schwangerschaftsdrittel aber schnell im Beckenbereich aus. Erst ab dem vierten Monat wächst sie in Richtung Bauchhöhle, was den Druck – zumindest zeitweise – wieder etwas mindert.