Bei Männern kann insbesondere eine Prostatavergrößerung ursächlich für einen Harnverhalt sein. Die auch als „Vorsteherdrüse“ bekannte Prostata liegt unterhalb der Blase und umschließt die Harnröhre. Im Alter kommt es oft zu einer gutartigen Vergrößerung dieser kleinen Drüse, wodurch sie die Harnröhre zusammendrücken und dadurch einen Harnstau verursachen kann. Infolgedessen kann sowohl ein chronischer als auch ein akuter Harnverhalt auftreten. Schon in deutlich jüngeren Jahren, aber ebenfalls nur bei Männern, kann ein Harnverhalt auch durch Harnklappen ausgelöst werden. Diese Klappen sind kleine Auswüchse in der Harnröhre und können sich schon bei ungeborenen Jungen im Mutterleib entwickeln. Dank Ultraschall lassen sich solche Klappen aber schnell aufspüren, man kann sie dann bereits vor der Geburt behandeln.
Auch Harn- und Nierensteine können in der Harnröhre oder der Blase stecken bleiben, den Harnfluss blockieren und so zu einer Harnverhaltung führen. Die Wanderung dieser Steine führt zumeist zu heftige Koliken im Unterbauch sowie im Bereich der Nieren und wird deshalb schnell diagnostiziert. Zu einer Blockierung der Harnröhre kann auch die Harnröhrenverengung führen. Sie kann angeboren sein oder durch die häufige Nutzung eines Katheters entstehen. Häufig entwickelt sie sich auch infolge von Verletzungen oder Entzündungen. Auch Blasenkrebs kann dazu führen, dass es zu einem Harnverhalt kommt. Im schlimmsten Fall wachsen Tumore so groß, dass sie den Harnfluss behindern – oder Blutgerinnsel verstopfen die Harnröhre.
Neurogene Störungen
Werden bestimmte Nervenbahnen durch einen operativen Eingriff oder eine Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen, kann das Auswirkungen auf die Steuerung der Blase haben und somit zu einem Harnverhalt führen. So können Nerven beispielsweise durch einen schädlichen Blutzuckerspiegel angegriffen werden. Man spricht dann von einer diabetischen Polyneuropathie, deren Folge auch eine Störung bei der Blasenentleerung sein kann. Ebenso können Schädigungen der Nerven im Gehirn und Rückenmark, die durch die Grunderkrankung Multiple Sklerose entstehen, einen Harnverhalt zur Folge haben.
Auch bei einer Querschnittslähmung oder einem schweren Bandscheibenvorfall sind mitunter Nerven betroffen, deren Schädigung Probleme beim Wasserlassen verursacht. Auch ein sogenannter offener Rücken und eine – oft bei Entbindungen durchgeführte – Spinalanästhesie können eine Harnverhaltung verursachen. Ist Letzteres der Fall, so bessert sich der Zustand allerdings häufig auch von allein wieder, ganz ohne weiteres medizinisches Zutun.
Absenkung der Gebärmutter und Schwangerschaft
Bei Frauen – insbesondere im fortgeschrittenen Alter – kann es aufgrund schwachen Bindegewebes dazu kommen, dass sich die Gebärmutter absenkt und dadurch die Harnwege blockiert werden. Auch während einer Schwangerschaft kann die stärker ausgedehnte Gebärmutter zu einem Harnverhalt führen.
Medikamente und OPs
Auch manche zur Linderung von Krankheiten eingesetzten Medikamente wirken sich auf die Blase aus und können mitunter eine Harnverhaltung zur Folge haben. Das Risiko besteht beispielsweise bei überdosierten Inkontinenzmedikamenten, dem Beruhigungsmittel Diazepam, einigen Antidepressiva und verschiedenen Neuroleptika. Außerdem kann ein Harnverhalt auch nach einer OP auftreten. Ursachen sind nicht selten schmerzstillende und betäubende Medikamente, welche die Operation erst ermöglichen. Diese Medikamente legen auch nach der OP manchmal sozusagen die Blasenmuskulatur lahm. Ein anderer Grund kann eine versehentliche Schädigung der Nerven während einer Operation sein. Besonders problematisch wird diese Art von postoperativem Harnverhalt, wenn durch eine Infusion viel Flüssigkeit in den Körper gelangt ist oder durch die betäubende Wirkung der Medikamente kein Harndrang verspürt wird.