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Angehörige pflegen und arbeiten: so kann es gelingen

Wie kann ich Beruf und Pflege miteinander vereinbaren? Ist eine Arbeitszeitverkürzung wegen der Pflege Angehöriger möglich? Diese Fragen stellen sich viele pflegende Angehörige. Hier erfahren Sie, was Ihnen dabei helfen kann, alles unter einen Hut zu bringen: Ihre*n Angehörige*n zu pflegen und gleichzeitig in Ihrem Wunschberuf zu arbeiten.

Beruf und Pflege – eine unvereinbare Kombination?

Eine eigene Familie zu haben, berufstätig zu sein und gleichzeitig eine nahestehende Person richtig zu pflegen, stellt eine grosse Herausforderung dar. Viele pflegende Angehörige fühlen sich zwischen ihren Pflichten hin und hergerissen und vernachlässigen häufig die eigenen Bedürfnisse.

Um der herausfordernden Aufgabe gerecht werden zu können, ist es besonders wichtig, dass Sie als pflegende Person auch an sich selbst denken – sich also Zeit für Ihre persönlichen Bedürfnisse einräumen und sich Ruhepausen gönnen. Auch die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit neben der Pflege ist unerlässlich. Denn diese sichert nicht nur ein finanzielles Einkommen ab, sondern ist auch wichtig für die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte ausserhalb des häuslichen Umfelds und der Pflege.

Offen über Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sprechen

Eine Arbeitszeitverkürzung wegen der zeitintensiven Pflege ihrer Angehörigen oder gar eine Kündigung erscheint vielen pflegenden Angehörigen zunächst als der einzige Weg. Allerdings sollte dieser sehr gut überlegt sein. Denn beide Möglichkeiten würden bedeuten, dass Sie im Pensionsalter weniger AHV- und Pensionskassenrente erhalten. Sprechen Sie deshalb offen mit Ihrem Arbeitgeber, der Personalabteilung oder dem firmeninternen Sozialdienst über Ihre Situation und versuchen Sie gemeinsam, andere Lösungen zu finden. So können zum Beispiel eine zeitlich beschränkte Reduktion des Arbeitspensums, Homeoffice (sofern das in Ihrem Job möglich ist) oder flexible Arbeitszeiten bereits enorm dabei helfen, Beruf und Pflege besser miteinander zu vereinbaren.

Ob berufstätig oder nicht – wenn Sie einen lieben Menschen selbst pflegen, scheuen Sie sich nicht, innerhalb und auch ausserhalb der Familie um Hilfe zu bitten. Jede noch so kleine Aufgabe, die Sie von Ihrer Liste streichen können, jede Tätigkeit, die Sie delegieren, entlastet Sie und verschaffen Ihnen mehr Zeit für Ihre eigenen Bedürfnisse.

Bezahlter Urlaub und Betreuungsgutschrift für die Pflege Angehöriger

Neben der individuellen Lösung, die mit dem Arbeitgeber vereinbart werden kann, haben Arbeitnehmende zudem Anspruch auf bezahlten Urlaub, um eine*n nahe stehende*n Angehörige*n zu pflegen. Dieser darf pro Krankheitsfall drei aufeinanderfolgende Tage und insgesamt nicht mehr als zehn Tage pro Jahr betragen.

Sie betreuen eine*n Verwandte*n in auf- oder absteigender Linie, eine Schwester oder einen Bruder mit einem anerkannten Anspruch auf Pflegegeld? Dann haben Sie als Versicherte*r unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Anrechnung einer Betreuungsgutschrift von der AHV. Die Betreuungsgutschriften müssen jedes Jahr neu bei der Ausgleichskasse am Wohnsitz der zu pflegenden Person beantragt werden. Mit dem neuen Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung (Januar 2021) wurde der Anspruch auf Betreuungsgutschriften der AHV leicht erhöht. Dies soll noch mehr pflegebedürftigen Menschen ermöglichen, selbstständig zuhause zu leben.

Pflegevertrag: Entschädigung für Pflege festlegen

Den meisten pflegenden Angehörigen ist die Betreuung und Pflege eines lieben Menschen eine Herzensangelegenheit. Viele übernehmen diese Aufgabe deshalb, ohne vorher die finanzielle Entschädigung dafür geregelt zu haben. Doch genau das kann für beide Seiten unbefriedigend sein. Wenn Sie beispielsweise Ihr Arbeitspensum reduziert haben, um Ihre*n Angehörige*n zu pflegen, kann eine Entlöhnung für die Pflege und Betreuung den finanziellen Ausfall zumindest teilweise reduzieren. Die zu pflegende Person wiederum wird eine solche Regelung schätzen, weil sie Ihnen für Ihren Einsatz etwas zurückgeben kann. Daher ist es empfehlenswert einen Pflegevertrag aufzusetzen, der die Entschädigung regelt.

Im Pflegevertrag müssen unter anderem folgende Punkte enthalten sein:

  • Entschädigung und Art der Bezahlung
  • Beschreibung der Leistungen im Rahmen der Betreuung und Pflege
  • Nutzungsrechte, wenn Sie zusammen wohnen
  • Vertragsdauer, Kündigung des Pflegevertrags (zum Beispiel aus persönlichen Gründen, bei Heimeintritt oder Tod), Kündigungsfristen
  • Ferienregelung
  • Vollmachten

Tipp: Eine Vorlage für einen Pflegevertrag können Sie online finden und herunterladen, beispielsweise auf der Seite der Stiftung ProSenectute.

Beruf und Pflege – keine unvereinbare Kombination

Angehörige zu pflegen und gleichzeitig zu arbeiten kann schwierig sein, ist aber nicht unmöglich. Sprechen Sie offen mit Ihrem*Ihrer Vorgesetzten über Ihre persönliche Situation und versuchen Sie gemeinsam Lösungen zu finden, die es Ihnen erleichtern, Beruf und Pflege miteinander zu vereinbaren. Nehmen Sie bei Bedarf bezahlen Urlaub für die Pflege Angehöriger in Anspruch, der Ihnen pro Krankheitsfall auf drei aufeinanderfolgenden Tagen und maximal zehn Tagen im Jahr zusteht. Darüber hinaus können Sie bei der Ausgleichskasse prüfen, ob Sie Anspruch auf Anrechnung einer Betreuungsgutschrift haben und/oder einen Pflegevertrag aufsetzen, der die Entschädigung für die Betreuung und Pflege Ihrer*Ihres Angehörigen regelt. Und was besonders wichtig ist: Vergessen Sie vor lauter Pflichten nicht sich selbst. Denn nur wenn Sie selbst gesund sind und es Ihnen gut geht, können Sie sicherstellen, dass Ihr Beruf und die Pflege eines lieben Menschen zu einer erfolgreichen Kombination wird.

Wirtschaftliche Unterstützung können Sie unter anderem bei verschiedenen Verbänden wie dem Schweizerischen Roten Kreuz, ProSenectute oder Pro Infirmis beantragen.